Beintraining: wie viele Übungen am Leg Day?

Es gibt keinen Grund, warum man für das Beintraining zu Hause länger als 18 Minuten brauchen sollte. Lassen wir die Waden zunächst außen vor, haben wir genau zwei große Muskelgruppen in den Oberschenkeln, denen wir uns widmen müssen. 

Aus meiner langjährigen Erfahrung als Fitnesstrainer weiß ich, dass selbst fortgeschrittene Sportler für das Oberschenkeltraining selten mehr als drei Übungen benötigen. Es dürfte sich mittlerweile auch herumgesprochen haben, dass isolierte Übungen für die Oberschenkelinnenseite oder äußere Oberschenkel nicht den gewünschten Erfolg bringen. 

Warum solltest du dann länger als 18 Minuten für dein Beintraining zu Hause brauchen?

Entscheidend ist nicht die Anzahl der Übungen, sondern zwei Dinge: 

  • Du musst die Funktion der Muskeln kennen
  • Du musst die richtige Trainingsintensität wählen. 

Ich kann’s beweisen. Mit Wissenschaft. 

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Richtig Oberschenkel trainieren

Gehen wir davon aus, dass du zwar gerne straffe Oberschenkel oder muskulöse Beine hättest, aber nicht den Rest deiner Existenz dem Beintraining widmen möchtest, stellt sich die Frage: wie bekommst du für die investierte Zeit und Mühe möglichst viel Erfolg zurück?

Power Rack oder Half Rack

Sicher nicht, indem du 10 oder 12 Übungen fürs Beintraining zu Hause abarbeitest, wie einen schlechten Tag im Büro. 

Falls du nicht vorhast, ein spezifisches Training für athletische Leistung in einer Sportart aufzunehmen, sondern einfach nur ein bisschen besser aussehen willst, dann ist extensives Training nicht nur wenig zielführend, sondern oft sogar kontraproduktiv. 

Ich habe Menschen über viele Jahre ins Fitnessstudio gehen sehen, ohne für mich wahrnehmbaren Trainingserfolg. Zwei Umstände sind hauptsächlich dafür verantwortlich, die mutmaßlich auch das Beintraining zu Hause bei vielen Menschen ineffektiv werden lassen:

  • Der Trainingsreiz ist zu niedrig
  • Die Trainingsfrequenz / das Trainingsvolumen ist zu hoch

Wie viele Sätze für das Beintraining?

Selbst Fitnessfanatiker würden heutzutage nicht mehr behaupten, dass immer mehr Trainingsvolumen zu immer besseren Ergebnissen führt. Semi-professionelle Sportler können von bis zu 20 Sätzen pro Woche und Muskelgruppe profitieren, allerdings wird die Kurve jenseits der 10 Sätze pro Woche schon deutlich flacher. 

Für Einsteiger und Fortgeschrittene Sportler im ersten Jahr des Krafttrainings (und mutmaßlich noch deutlich darüber hinaus) gibt es kaum Zugewinn an Trainingseffekt durch mehr als drei Sätze pro Muskelgruppe und Trainingseinheit. 

Schon 2010 stellte James Krieger von der University of Florida als Ergebnis einer Meta-Analyse fest:

EVIDENCE FROM A RECENTLY PUBLISHED META-ANALYSIS INDICATES THAT 2-3 SETS PER EXERCISE PRODUCE 46% GREATER STRENGTH GAINS THAN A SINGLE SET. LITTLE BENEFIT IS OBSERVED FOR MORE THAN 3 SETS. FOR CLIENTS INTERESTED IN GENERAL FITNESS OR WHO LACK TIME, A SINGLE SET IS APPROPRIATE.

JAMES KRIEGER, UNIVERSITY OF FLORIDA

Während drei Sätze pro Trainingseinheit also immerhin noch 46% mehr Effekt erreichen als ein einziger, ist jenseits dieser drei Sätze kaum noch ein Effekt zu erwarten. 

Eine relativ aktuelle Studie, die unter anderem von Brad Schoenfeld durchgeführt wurde, stellte insgesamt minimale Unterschiede zwischen Gruppen mit einem, drei und fünf Sätzen pro Trainingseinheit fest und kam zu dem Schluss:

Marked increases in strength and endurance can be attained by resistance-trained individuals with just three 13-min weekly sessions over an 8-wk period, and these gains are similar to that achieved with a substantially greater time commitment.

Hervorhebungen von mir. 

Wenn selbst trainingserfahrene Sportler von einem Training jenseits der 3 x 13 Minuten pro Woche nicht weiter profitieren können, warum solltest du dann länger trainieren? 

Wie viele Übungen für die Beine?

Hingegen kann es durchaus sinnvoll sein, das geringere Traininspensum nicht nur auf eine oder zwei Übungen aufzuteilen. Es gibt Übungen, die sind effektiver als andere, so etwas wird gemeinhin mit EMG-Messungen festgestellt. Noch effektiver, vor allem für Muskelaufbau und Bodyforming, ist es allerdings, den Muskel ganz unterschiedlichen Belastungen auszusetzen.

Das Schlimmste, was im Rahmen dieser Zielsetzungen passieren kann, ist, dass sich der Muskel an die Belastung gewöhnt, sei es in Art oder Intensität.

Ein vielseitiges und motivierendes Training ist ein weiterer positiver Effekt dieser Trainingsweise. Wer an jedem Trainingstag vor eine neue Herausforderung gestellt wird, bleibt länger am Ball und Motivation ist die entscheidende Voraussetzung für langfristige Trainingserfolge.

Weniger hilfreich ist es hingegen, die Übungen häufig zu wechseln. Wer alle vier Wochen eine neue Übung ausprobiert, wird selten sein volles Potenzial beim Training entfalten können. Oft sind diese kurzfristigen Veränderungen im Trainingsplan der Scheu vor steigenden Belastungen bei einer Übung geschuldet.

So kommt man aber nicht voran. Anfangs sollte eine Übung für die Beine mindestens 10 – 12 Wochen im Trainingsplan stehen, bevor sie zum Beispiel für einen ähnlich langen Zeitabschnitt gegen eine andere ausgetauscht wird.

Wie oft Beintraining?

Wer sein Beintraining komplett durchzieht, für den reicht eine Trainingseinheit pro Woche. Große Muskeln benötigen länger, um sich zu erholen. Das Training für Beinstrecker und Beinbeuger lässt sich aber auch gut auf zwei Tage in der Woche aufteilen.

Warum sollte irgendjemand, der nicht eine professionelle Sportlerkarriere plant, 10 oder 12 Übungen für das Beintraining zu Hause absolvieren?

Was du stattdessen tun solltest

Während das Trainingsvolumen jenseits der ersten drei Sätze für dich wahrscheinlich nicht entscheidend ist, spielt die Trainingsintensität schon eine Rolle. Das macht auch Sinn, denn sonst würden wir alle durch Alltagsaktivitäten die gewünschte Muskulatur aufbauen. 

Ein Training, das dich nicht aus der Komfortzone holt, ist kein Training. Es ist Routine, ein Job.

Glücklicherweise musst du dafür nicht zwingend hohe Gewichte bewegen. Es sei denn, du erwartest dir gleichzeitig einen hohen Kraftzuwachs. Für die rein “optischen Effekte”, also Muskelaufbau, beziehungsweise Bodyforming, genügen auch kleinere Widerstände, die zwanzig oder mehr Wiederholungen zulassen. 

Entscheidendes Kriterium: Deine drei Sätze sollten dich nahe an die Belastungsgrenze bringen und idealerweise führt spätestens der letzte Satz zum Point of Momentary Failure. Das bedeutet, du könntest auch unter größter Anstrengung keine weitere Wiederholung ausführen. 

Anstatt des Beintraining für zu Hause, dass immer mehr Zeit und Raum in deinem Leben einnimmt, solltest du dich auf wenige Übungen für die Beine konzentrieren, die dich wirklich ausbelasten. 

Weniger Zeit + mehr Intensität = mehr Trainingserfolg!

18 Minuten Beintraining zu Hause: dein Trainingsplan

Vorweg: ich bin überzeugt, dass man mit noch weniger Zeitaufwand / weniger Sätzen effektiv trainieren kann. Die eingangs zitierten Studien weisen darauf hin. Da für viele aber auch das Gefühl, etwas getan zu haben, zählt, kombinieren wir jeweils drei Übungen mit zwei Sätzen zu einer Trainingseinheit.

Damit kommen wir auf 2 x 18 Minuten, o.k. mit Aufwärmen vielleicht 20 Minuten. 

Tag I
2 Sätze Bulgarian Split Squat (jeweils 2 Minuten Pause)
2 Sätze Kniebeugen (jeweils 2 Minuten Pause)
2 Sätze Reverse Nordic Curl (1 Minute Pause)
Tag II
2 Sätze Romanian Deadlift (jeweils 2 Minuten Pause)
2 Sätze Kreuzheben mit Kurzhanteln (jeweils 2 Minuten Pause)
2 Sätze Ski Squat / Wall Sit (1 Minute Pause)

Die Übungen sind für das Beintraining zu Hause in dieser Reihenfolge auszuführen, es sei denn, man wählt die Wall Sit und Reverse Nordic Curl als Vorerschöpfungsmethode. Beide Übungen können und sollen mit Zusatzbelastung durchgeführt werden, wenn die Belastungsdauer 120 Sekunden übersteigt. 

Für alle anderen Sätze gilt: Suche ein Gewicht, mit dem du pro Satz 15 saubere(!) Wiederholungen ausführen kannst. Steigere das Gewicht (nicht die Wdh.) in Mikroschritten, um die Belastung auf mindestens Stufe 8 von 10 zu halten. 

Bei beiden isometrischen Übungen sollte dann mit Gewicht (Kurzhantel) gearbeitet werden, wenn eine durchgehende(!) Belastungsdauer von 120 Sekunden überschritten wird. Warum 120 Sekunden? Weil wir dann sicher sein können, alle Muskelfasern aktiviert zu haben:

“… Basierend auf dieser integrativen und interdisziplinären Betrachtung der experimentellen Daten aus Humanexperimenten (akute Messungen des Muskelprotein- und Energiestoffwechsels und der Ermüdbarkeit von intra-muskulär stimulierten motorischen Einheiten) kann man ableiten, wie groß die gesamte Spannungsdauer bei voller Rekrutierung sein sollte, d. h. die „effektive Spannungsdauer“ (s. u.) um die MPS optimal zu stimulieren. Diese Dauer liegt bei ca. 90–120 s (Abb. 13.5).”

(M.Toigo; MuskelRevolution S. 212)

Eine Belastungsdauer von bis zu zwei Minuten mag einigen Sportlern eher wie eine Ausdauerübung vorkommen, aber nur, weil es ihrer Gewohnheit widerspricht und, offen gesagt, weil diese Trainingsweise sehr hart ist. Einige Athleten versuchen einer langen Belastungsdauer, bzw. Time under Tension zu entkommen, indem die Sätze immer kürzer werden.

Damit ist aber nicht bewiesen, dass eine lange Belastungsdauer ineffektiv ist. Im Gegenteil, es verdichtet sich die Evidenz dafür, dass auch mit niedrigem Gewicht und dafür längerer Belastung effektiv Muskulatur aufgebaut werden kann.

Fazit

Ich sage nicht, dass dieser Plan für das Beintraining zu Hause einfach ist, im Gegenteil. Das, was wir an Zeit mit diesem Training einsparen, müssen wir an Energie komprimiert in die 18 Minuten geben. Es ist für mich aber ebenso klar, dass sich bei konsequentem Training die gesamte Oberschenkelmuskulatur entwickeln wird.

Konsequent bedeutet, 1 – 2 Trainingseinheiten pro Woche, mit maximaler Hingabe. Ich habe selbst bei Leuten, die es nur alle 2 Wochen zum Training schaffen, gute Ergebnisse gesehen, wenn die Intensität hoch genug ist.

Hoch genug bedeutet, dass Treppen steigen ohne sich am Geländer festzuhalten nicht möglich ist. 

Anfänger können bei wöchentlichem Training auf erste, sichtbare Erfolge innerhalb von 6 – 8 Wochen hoffen. Damit ist die Traumfigur vielleicht noch nicht erreicht. Aber, wenn du erst einmal festgestellt hast, dass das Training funktioniert, dann ist der Rest gar nicht mehr so schwer. 

Stay strong!

Danny T. Schneider