Dehnübungen für die Beine: Muskeln aufbauen & verlängern?

Dehnübungen für die Beine sind mal mehr, mal weniger wichtig, je nachdem, wen man fragt. Ich glaube, dass man von einigen wenigen Übungen profitieren kann und zwar in Bezug auf Beweglichkeit, Verletzungsprävention und sogar Muskelaufbau. 

Die elend langen Programme mit 20 Dehnübungen für die Beine oder sogar mehr würde ich mir allerdings nicht zumuten. Wenn jede Trainingseinheit mit endlosen Kaskaden von Stretchings startet oder endet, verliert man schnell mal den Blick und die Lust fürs Wesentliche. 

Also gilt auch beim Dehnen: 80/20-Prinzip. Wir suchen die Übungen heraus, die es tatsächlich bringen und wenn man die richtig macht, dann ist man in unter fünf Minuten mit dem Dehnprogramm für die Beine durch. 

Diese Beinmuskeln sollten gedehnt werden

Fünf Minuten sind sportlich, aber wir wollen ja auch nicht jede Faszie mit Vornamen kennen. Vielmehr geht es darum, durch gezieltes Dehnen großer Muskeln den maximalen Benefit aus der Zeit herauszuholen. Idealerweise nicht nur in Bezug auf Alltagsbeweglichkeit, sondern auch unterstützend für sportartspezifisches Training und sogar Muskelaufbau. 

In den Dehnübungen für die Beine sollten diese vier Muskelgruppen enthalten sein: 

  • Adduktoren
  • Abduktoren
  • Beinbeuger
  • Beinstrecker / Hüftbeuger

Adduktoren

Adduktoren zerrt man sich gerne, das weiß jeder Fußballer. Grundsätzlich sind verkürzte Adduktoren aber ein Problem bei jeder Sportart, die schnelle Antritts- und Seitwärtsbewegungen erfordert. 

Gleichzeitig sind sie oft der limitierende Faktor bei Mid und High Kicks im Kampfsport.

Die Adduktoren ziehen die Beine zum Körper heran und sind an der Innenrotation im Oberschenkel beteiligt. Entsprechend sollte die Dehnung das Bein abduzieren und die Außenrotation zumindest andeuten. 

Der gute, alte Schneidersitz, hier genügt es allerdings, die Fußsohlen aneinander zu halten, eignet sich ideal. Richtig ausgeführt, lassen sich die Adduktoren für jeden Zweck dehnen. 

Damit das passt, sollten folgende Punkte erfüllt sein:

  • Fußsohlen aneinander, Füße so nah wie möglich zur Körpermitte
  • Die Lendenwirbelsäule ist durchgestreckt, nicht rund
  • Die Knie werden aktiv nach unten, Richtung Boden gedrückt
  • Erst jetzt mit dem Oberkörper langsam nach vorne kommen

Ganz wichtig: der vierte Punkt findet nur unter Einhaltung der ersten drei Punkte statt, nicht als Ersatz! Ich habe schon Knie quasi vertikal gen Himmel zeigen sehen – wer in den Adduktoren so verkürzt ist, braucht mit dem Oberkörper zunächst gar nicht zu arbeiten. Stattdessen sollten die Hände zur Hilfe genommen werden, um die Knie mit sanftem Druck so weit wie möglich Richtung Boden zu bringen. 

Adduktoren dehnen

Sind die Knie deutlich unter 45° Winkel, kann der Druck durch die Vorwärtsbewegung des Oberkörpers erhöht werden. Hierbei sollte man sich vorstellen, die Brust (nicht die Schultern) näher an den Boden bringen zu wollen. 

Abduktoren

Die Dehnung der Abduktoren, dazu gehören in erster Linie die kleineren Glutei, scheint zunächst im Alltag weniger wichtig zu sein. Zerrungen der Abduktoren sind vergleichsweise selten. Allerdings führt eine starke Verkürzung in diesem Bereich zu einer chronischen Außenrotation im Hüftgelenk und damit zum berüchtigten Cowboy-Gang. 

Auch das könnte zunächst eher ein ästhetisches Problem sein, nur sind Kniegelenke sehr schlecht in lateralen Bewegungen. Soll heißen: wenn sich das Bein nach vorne bewegt, dann sollte auch das Kniegelenk nach vorne zeigen. 

Die entsprechende Dehnübung ist eher bequem. Man liegt auf dem Rücken, Hintern, Schulterblätter und Ferse haben Kontakt zum Boden. Nun wird ein Bein angewinkelt und von außen mit der gegenüberliegenden Hand kurz oberhalb des Kniegelenks gefasst. 

Abduktoren dehnen

Mit sanftem Zug wird das Knie Richtung Boden gebracht. Dabei sollte sich der restliche Körper möglichst wenig mitbewegen; die Schulterblätter bleiben in Bodenkontakt, wenn genug Platz ist, sollte auch die freie Handfläche am ausgestreckten Arm den Boden berühren. 

Hat man alles richtig gemacht, merkt man die Dehnspannung relativ schnell im Po-Bereich, diese ist in der Regel aber weit weniger unangenehm als bei den Adduktoren oder der ischiocruralen Muskulatur. 

Ischiocrurale Muskulatur

Die ischiocrurale Muskulatur befindet sich auf der Oberschenkelrückseite und ist für die Beugung im Kniegelenk sowie die Extension im Hüftgelenk zuständig. Wir haben es hier mit drei Muskeln zu tun, die nicht nur beim Training gerne übersehen werden, sondern auch bei fast jedem Menschen, den ich kenne, verkürzt sind. 

Das eine bedingt wahrscheinlich das andere. 

Wer die Oberschenkelrückseite im Stehen dehnen möchte, sollte die Flexibilität der Wirbelsäule nicht mit Dehnung verwechseln. Es gilt wiederum, den unteren Rücken durchzudrücken und nicht etwa zur Gewinnung einiger Zentimeter Richtung Boden rund werden zu lassen. 

Idealerweise ist der Vorderfuß auf einer Erhöhung aufgestellt. Das zu dehnende Bein ist dabei leicht in Front und zwingend durchgestreckt. Bei den meisten Menschen stellt sich relativ schnell eine Dehnspannung ein, manchmal sogar ohne den Oberkörper nach vorne zu bewegen. 

Mehr Überblick über die Dehnsituation hat man sitzend, zumindest lässt sich hier leichter kontrollieren, ob die Beine wirklich gerade sind. Auch sollten die Fußspitzen möglichst nach oben zeigen, um sicherzustellen, dass alle Muskelanteile gleichmäßig gedehnt werden. 

Ischiocrurale Dehnung

Das ist wahrhaftig nicht immer der Fall, wie ich gleich mit einem Beispiel aus dem aktiven Dehnen zeigen werde. 

Die Dehnung der Ischios ist eigentlich immer unangenehm. Man sollte versuchen, die Spannung zunächst zu halten und vielleicht nach 30 Sekunden noch einmal ein wenig nachdehnen, bzw. nachwippen. 

Dehnung der Oberschenkelrückseite und Adduktoren

Aus dem Kampfsport habe ich die einbeinige Variante der zuvor genannten Übung mitgenommen. Entsprechend wird hier nur jeweils ein Bein nach vorne weggestreckt, das andere wird angewinkelt und zur Seite, respektive hinter den Körper abduziert. 

Der Vorteil dieser Variante ist zum einen, dass sowohl die Ischiocrurale als auch die Adduktoren in einer Übung gedehnt werden können. Zum anderen kann man sich bezüglich der Adduktoren zunächst auf ein Bein konzentrieren. Für mich fühlt sich diese Übung auch einfach besser an. 

Oberschenkelrückseite dehnen

Die gleichzeitige Dehnung der Adduktoren und Oberschenkelrückseite ist übrigens auch ideal für alle, die gerne in den seitlichen Spagat kommen würden, denn genau diese Muskeln verhindern dies oft. 

Dehnung für den seitlichen Spagat

Nutzt man die zuvor genannte Übung als Vorbereitung, kann man den Spagat schon mal langsam versuchen.

Um in Position zu bleiben, empfehle ich die Verwendung von Widerstandsbändern. Die eignen sich nicht nur hervorragend für Muskelaufbau, sondern eben auch, um die Dehnspannung aufrecht zu halten. Richtig angewendet, hält so ein Band nicht nur leichten Druck auf die LWS und erinnert damit daran, diese gerade zu halten, es hält auch die Füße davon ab, während der Dehnung nach innen abzufallen. 

Das tun sie nämlich gerne, wiederum aus dem Grund, weil die ischiocrurale Muskulatur nicht gleichmäßig gedehnt ist.

Spagat Stretching

Bei Dehnübungen für die Beine ist Druck und Zug von außen vorsichtig einzusetzen. Im Gegensatz zu den starren Spagat-Trainern, wie man sie im Budo-Bedarf findet, scheint mir das Widerstandsband die weitaus angenehmere Methode. 

Oberschenkelrückseite mit Widerstandsbändern dehnen

Zu den vielfältigen Einsatzzwecken der Widerstandsbändern beim Trainieren und Dehnen der Beine zählt auch diese Variante für die Ischiocrurale. 

Über die Position der Hand, die das Band festhält, kann man leicht und bequem den Zuf auf den zu dehnenden Muskel bestimmen. Grundsätzlich wird das Bein immer mehr zum Kopfende gezogen, dabei sollte das freie Bein aber den Boden nicht verlassen. 

Wickelt man das Band mehr um den Vorderfuß, kann übrigens zusätlich Dehnspannung auf die Wade aufgebaut werden. Man muss dann nur darauf achten, dass das Band nicht vom Fuß rutscht. 

Beinstrecker / Hüftbeuger

Die Verkürzung der vorderen Oberschenkelmuskulatur tritt relativ häufig auf, auch und gerade bei Sportlern. Dabei ist vor allem die Verkürzung des zweigelenkigen M. rectus femoris interessant, zumeist in Kombination mit dem M. illiopsoas. 

Der ist zwar ein reiner Hüftbeuger, soll hier aber trotzdem Erwähnung finden. 

Unter anderem deswegen, weil die Techniken, die auch heute noch in vielen Vereinen zur Dehnung im Hüftgelenk angewendet werden, jeder Beschreibung spotten. Da sieht man Fußballer locker über die Tartanbahn wackeln, sich mit einer Hand irgendwo festhaltend eine Fußspitze schnappen und in einer recht ungelenken Bewegung mehr oder minder das komplette Bein hinter den Körper ziehen. 

Zum Verständnis: man kann durchaus im Stehen die beiden zuvor genannten Muskeln dehnen, wenn man

a) am Fußgelenk fast und 

b) das Becken aufrecht hält. 

Leider gelingt das den wenigsten Sportlern ohne explizit darauf hingewiesen zu werden, deswegen empfehle ich, wann immer möglich, die liegende Variante. Hier kann man zumindest dafür sorgen, dass die “Dehnung” nicht allein über die Flexibilität in der Lendenwirbelsäule erreicht wird. 

Quadrizeps Dehnung

In der Seitenlage sollte zunächst das untere Bein soweit zum Oberkörper gezogen werden, bis der Oberschenkel sich im rechten Winkel zur Körperachse befindet. Anschließend fast man das obere Bein am Fußgelenk und lässt die Fußspitze durchgehend Richtung Schienbein zeigen. 

Erst jetzt zieht man den Oberschenkel langsam Richtung Körperachse, ohne dass der Oberschenkel seitlich abwandert und vor allem, ohne dass sich das untere Bein aus seiner Position bewegt. 

Das Ergebnis ist oft ernüchternd. Manche Sportler schaffen es nicht, den Oberschenkel in die Körperachse zu ziehen, so sehr sie sich auch mühen. Für den Alltag bedeutet dies im Grunde, dass der Körper gar nicht aufrecht stehen dürfte, sondern bei aufgerichtetem Becken immer leicht vorgeneigt bleiben müsste. 

Die fehlenden Zentimeter werden über ein chronisch gekipptes Becken geholt, wodurch sich in vielen Fällen ebenso chronische Schmerzen im unteren Rücken ergeben. 

Diese Dehnübung richtig auszuführen kann also durchaus den Alltag verschönern. 

Hüftbeuger im Kniestand dehnen

Auch diese Übung habe ich aus dem Kampfsport mitgenommen. Sie lässt sich ohne großen Aufwand praktizieren, eine Gymnastikmatte oder ähnliches ist allerdings wünschenswert. 

Das aufgestellte Knie sollte sich in der Startposition direkt unter dem Oberkörper befinden, der vordere Fuß ist flach aufgestellt. Damit befindet sich das vordere Bein nahe des 90° Winkels. 

Illiopsoas Dehnung

Die Position muss während der Dehnung nicht verändert werden, lediglich die Winkel verändern sich. Das Becken wird nach vorne geschoben, dadurch wird der vordere Kniewinkel spitzer und es baut sich langsam Dehnspannung auf dem Hüftbeuger des hinteren Beins auf. 

Wer will und kann, darf versuchen, das Knie noch weiter nach hinten zu bewegen, um die Dehnspannung zu erhöhen. Hier ist allerdings ein wenig Verstand gefragt; keinesfalls sollte ein Trainingspartner am hinteren Bein ziehen oder ähnliche Aktionen bringen. 

Wie lange sollten Dehnübungen für die Beine dauern?

Wer sich für ein komplettes Dehnprogramm, mit jeweils einer Übung für jede Muskelgruppe, entscheidet, sollte nicht viel länger als fünf Minuten für die Dehnung der Beine benötigen. 

Dabei sollte die Spannung jeweils etwa 40 Sekunden gehalten werden. Nicht, weil das der goldene Zeitraum fürs Dehnen wäre, sondern weil er lang genug ist, die Dehnung zu spüren und gegebenenfalls noch einmal nachzujustieren. Wichtig für den Erfolg ist, sich während dieser Minuten vollständig auf das Stretching zu fokussieren und nicht schon mit dem Kopf unter der Dusche zu sein. 

Wann sollte man die Beine dehnen?

Oftmals wird empfohlen, für das Dehnen einen eigenen Zeitraum zu finden, der unabhängig von Kraft- und Ausdauertraining ist. Wir alle wissen, dass das nicht passieren wird!

Insofern stellt sich also nur die Frage, ob vor oder nach dem Training gedehnt wird. Das wiederum hängt vom Inhalt des Trainings ab. 

Für eine Kamfpsporteinheit mit Sparring und allem drum und dran, empfiehlt sich die Dehnung vor der Einheit. Wann hätte man einen größeren Vorteil aus der gewonnenen Flexibilität? Die Dehnung im Kampfsport erfolgt meist in einer Mischung aus statischen und dynamischen Übungen. 

Letzteres bedeutet eigentlich nur, dass kampfsportspezifische Bewegungen im Dehnprogramm eingesetzt werden. Die Progression ist dann: statische Dehnübungen, dynamische Dehnübungen, Training. 

Beine dehnen für Kraftsport und Muskelaufbau

Trainiert man mit hoher externer Last, ist das oberste Ziel nicht Beweglichkeit, sondern Stabilität. Entsprechend würde ich ins Aufwärmprogramm keine Übungen zur Flexibilisierung einbauen. Genau genommen, würde ich überhaupt keine Bewegungen machen, die ich nicht auch nachher im Training mache. 

Die Idee, durch das Stretching das Verletzungspotential bei schweren Übungen zu verringern, ist nach wie vor unbewiesen und kann eventuell nach hinten losgehen, wenn durch ausgiebiges Dehnen Stabilität verloren geht. 

Dehnübungen für die Beine können nach der Trainingseinheit eingebaut werden, unabhängig davon, ob Beine in der Einheit trainiert wurden. Eine bessere Gelegenheit wird sich wahrscheinlich kaum finden. 

Dehnen und Muskelkater

Es ist übrigens ebenso unbewiesen, dass sich durch präventives Dehnen vor oder nach dem Training Muskelkater verhindern lässt. Die Geschichte wurde oft erzählt, aber nie belegt. 

Ist der Muskelkater bereits da, kann dieser eventuell durch Dehnen gelindert werden. Hierfür sollten passive Dehnübungen gewählt werden, die spezifisch zur schmerzenden Stelle hin ausgeführt werden. Dabei sollte man es nicht übertreiben und die Intensität etwa bei 7 von 10 halten. 

Statisches und dynamisches Dehnen

Dynamisches Dehnen, also Stretching in und aus der Bewegung heraus, war lange Zeit aufgrund eines vermeintlichen Verletzungsrisikos verpönt. Allerdings birgt so ziemlich alles ein Verletzungsrisiko, wenn man sich dabei dumm anstellt. 

Verletzung Oberschenkelrückseite

Auf dem Bild kann man sehr schön, blau-schwarz unterlegt, den Ansatz meiner linken ischiocruralen Muskulatur erkennen. Der Bluterguss zieht sich vom Ende des Muskelkörpers bis zum Ansatz der Sehne am Unterschenkel, mit Unterbrechung am Kniegelenk selbst. 

Was ist passiert? Kurzum, dynamisches Dehnen mit Mid bis High Kicks. Zu dem Zeitpunkt des kleinen Unfalls war die Trainingseinheit allerdings schon fast vorbei, was die Verletzung umso überraschender macht. 

Dann allerdings auch wieder nicht. Wie zuvor beschrieben, sind nicht alle Muskeln der Ischiocruralen Muskulatur unbedingt gleich gut gedehnt. Es genügte offensichtlich eine kleine Drehung im Fußgelenk und damit eine minimale Veränderung des Winkels, um aus einem zuvor zigfach praktizierten Kick eine Verletzung werden zu lassen. 

Das soll niemanden vom dynamischen Dehnen abschrecken, sondern lediglich nochmal einen Hinweis darauf geben, dass Muskeln komplexe Gebilde sind. Für Kampfsport und sportartspezifisches Training würde ich mich immer für eine Mischung aus statischem und dynamischem Stretching entscheiden. 

Kann man durch Dehnen den Muskel länger machen?

Die für Viele entscheidende Frage ist, ob man den Muskel durch Stretching überhaupt länger machen kann. Die Antwort ist: grundsätzlich schon, allerdings müsste man dafür relativ früh mit regelmäßigem Dehnen anfangen und dieses zumindest mehrfach die Woche durchführen. 

Wird dies gemacht, bilden sich zusätzliche Sarkomere, die den Muskel tatsächlich länger machen. 

Der positive Effekt für den trainierenden Normalbürger scheint aber zunächst eher darin zu liegen, dass der Muskel daran gewöhnt wird, über die vollständige, mögliche Länge zu operieren – etwas, was im Alltag eher selten der Fall ist. 

Wer schon einmal die schmerzhafte Erfahrung einer Muskelzerrung gemacht hat, hat vielleicht auch festgestellt, dass diese nicht unbedingt mit einer Überdehnung des gesamten Muskels zu tun hat, sondern oftmals mit ungewohnten Dehnungswinkeln, in denen sich der Muskel zu dem Zeitpunkt befand. 

Durch regelmäßige Bewegung in diesen Endbereichen können sich die mechanischen Eigenschaften der Muskeln ändern und so zu einer verminderten Steifigkeit führen. Dies kommt dann nicht nur dem Sportler zugute, sondern jedem, der sich mit einer überraschenden Alltagssituation konfrontiert sieht, die ungewohnte Bewegungen erfordert. 

Kann man durch Dehnung den Muskel aufbauen?

Aus der Trainingswissenschaft gibt es Hinweise darauf, dass die Faszikellänge der Muskeln durch Training bei großer Muskellänge verändert werden kann. Insofern kann man den Muskel also durchaus länger machen, wenn der jeweilige Widerstand (Gewicht) eine Anpassung in diesem Bereich erfordert. 

Für Muskelaufbausportler keine ganz unwesentliche Erkenntnis, die ein weiteres Argument für Full Range of Motion Training liefert. Unnötig zu erwähnen, dass das Training in diesen Endbereichen unter großer Vorsicht und nach gutem Aufwärmen erfolgen sollte. 

Anwendbar scheint mir die Trainingsmethode aus der vollen Dehnung heraus vor allem für Schulter- und Brustmuskeln (Flys) und Bizeps- und Trizepstraining (Kabel). Für die Beine würde ich den Nordic Hamstring Curl beziehungsweise den Reverse Nordic Curl empfehlen. Zusätzlich wiederum alle Übungen, die sich mit Widerstandsbändern ausführen lassen (Beincurl, liegend). 

Fazit: welchen Vorteil bringen Dehnübungen für die Beine?

Für mich, ganz klar, der letztgenannten Punkt: es geht weniger darum, den Muskel länger zu machen oder vor Muskelkater zu schützen als vielmehr darum, die Muskelsteiffigkeit in den Endbereichen aufzuheben. Hierdurch minimiert sich nicht nur das Verletzungsrisiko, sondern es bereitet den Bereich auf ein Training bei großer Muskellänge vor. 

Dies wiederum kann dann tatsächlich den Muskel länger und stärker machen. 

Verpflichtend sind solche Dehnübungen für die Beine meiner Meinung nach für jeden, der sportartspezifisch trainiert, beziehungsweise regelmäßig eine Sportart ausübt. Angeraten ist es mit moderatem Zeitaufwand aber auch für Kraftsportler und Muskelaufbautraining. 

Wenn man das Stretching nicht eskalieren lässt, sondern nach der Trainingseinheit fünf Minuten für die Dehnung der Beine aufwendet, hat man wenig Zeit verloren und darf sich auf einen nachhaltig positiven Effekt freuen. 

Danny T. Schneider