Explosivkrafttraining! Effektiv Schnellkraft trainieren

Wer Schnellkraft trainieren will, muss von einigen Gewohnheiten des Hypertrophietrainings Abschied nehmen. Natürlich kann man auch weiter auf Muskelaufbau trainieren, das Explosivkrattraining erfordert aber spezielle Einheiten, die sich in Form und Ausführung deutlich unterscheiden. 

Welche Elemente ein Training für Schnellkraft beinhalten sollte, werde ich am Ende am Beispiel des Schlagtrainings fürs Boxen umreissen. 

Zuvor schauen wir uns aber die wichtigsten zugrunde liegenden Prinzipien des Explosivkrafttrainings an, die natürlich auch auf andere Sportarten übertragbar sind. 

Mit Schnellkraftübungen neuronale Pfade ausbauen

Wir erinnern uns: für willentliche Muskelaktivierung ist ein neuronales Signal verantwortlich. Der Muskel muss gesagt bekommen, was er tun soll, bevor er es tut. Das gilt natürlich auch, wenn man Schnellkraft trainieren will. 

Gezieltes Ueben

Wie schnell die zuständigen Muskelfasern aktiviert werden, hängt von der Verarbeitung des neuronalen Signals ab. Ein erfahrener Boxer kann die für einen Jap benötigte Muskelkette schneller aktivieren und damit (Masse x Geschwindigkeit) härter zuschlagen als ein Bodybuilder von größerer Kraft und Statur. 

Aber, warum ist das eigentlich so?

In erster Linie, weil der neuronale Pfad, der für die Verarbeitung des entsprechenden Signals vom Gehirn verantwortlich ist, beim Boxer kein Trampelpfad ist, sondern eine gut ausgebaute Rennstrecke. 

Genau wie beim Hypertrophietraining reagiert auch hier der Körper auf die wiederholte Anforderung durch eine bestimmte Belastungsart mit einer Optimierung des Prozesses. Werden Aktivitäten, die Schnellkraft involvieren, immer wieder abgerufen, macht es für den Körper Sinn, die Grundlagen hierfür zu verbessern.

Wiederholung ist also ein Geheimnis, die Schnellkraft zu verbessern und das Bewegungsmuster dieses wiederholten Trainings sollte möglichst nah am Bewegungsmuster des zukünftigen Verwendungszwecks liegen. 

Der Boxer wird nicht umhin kommen, sehr oft zu schlagen und wer Sprungkraft trainieren will, muss eben springen. Ich werde gleich dazu kommen, warum sich diese beiden Bewegungsarten grundsätzlich voneinander unterscheiden. 

Dabei ist nicht das Üben, sondern gezieltes Üben entscheidend für den Trainingserfolg. 

Statt 100 Mal in die Luft zu springen, sollte man lieber 30 konzentrierte Sprünge mit maximaler Geschwindigkeit absolvieren. Statt 2 Stunden lang auf den Boxsack einzuschlagen, sollte man 30 Minuten gezielt möglichst schnelle Schläge abgeben. 

Unterschiede in der Schnellkraft: Reaktivkraft oder nicht?

Auch wenn man weder hoch springen noch schnell schlagen möchte, sollte man sich vor der Trainingsplanung genau überlegen, wie das spezifische Belastungsprofil für die jeweilige Sportart aussieht. 

Nehmen wir an, ich würde aus dem Stand möglichst hoch springen wollen. Es wäre nicht sehr erfolgversprechend, das zu versuchen, ohne vorher in die Knie zu gehen und sich den Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus des Muskels zunutze zu machen. 

Dieser Effekt, der bis zu 50% mehr Kraft aus dem Muskel holen kann, entsteht immer dann, wenn ein Muskel schnell hintereinander aus der Dehnung in die Kontraktion geführt wird. Also salopp gesagt, erst verlängert, dann verkürzt. Wie bei einer Feder entsteht dadurch auf molekularer Ebene eine Vorspannung, die den Energiezuwachs generiert. 

Wer sich von der Macht des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus überzeugen möchte, kann mal versuchen, sein Squat-Gewicht tot, also aus der Beuge heraus, in den Stand zu bringen. Bitte vorher gut aufwärmen und hinterher etwas für die Moral tun. 

Selbes gilt natürlich auch für den Oberkörper. Bankdrücken gehört zu den wenigen Übungen, die mit einer exzentrischen Phase beginnen. Man kann sich also, entsprechende Geschwindigkeit der Langhantel auf dem Weg nach unten vorausgesetzt, den Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus zunutze machen. 

Versucht man auch hier wieder, das Gewicht von der Brust startend in die Streckung zu bringen, erweist sich die Sache als wesentlich schwerer. 

Das Training des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus im Sinne der Schnellkraft würde vor allem plyometrisches Training beinhalten und dies ziemlich gezielt innerhalb der Bewegungsabläufe, die in der ausgeübten Sportart vorherrschend sind. 

Falsches Krafttraining = falsche Ergebnisse (wie überraschend)

Auch Krafttraining im Sinne eines Zuwachses an Muskulatur kann sinnvoll sein, doch Vorsicht, diese Trainingseinheiten können auch fies nach hinten losgehen. 

So manch ein Athlet hat sich durch falsches Krafttraining schon seinen Bewegungsablauf zerschossen, denn jede Bewegung hat einen eigenen Kraftverlauf, eine eigene Kraftkurve

Trainiert man zum Beispiel seinen Trizeps an einem Exzenter, der einen möglichst gleichmäßigen Kraftwiderstand simulieren soll und versucht am Ende des Trainingszyklus mit der neu gewonnenen Kraft einen Speer möglichst weit zu werfen, muss man sich eventuell auf Enttäuschungen einstellen. 

„Das Schnellkrafttraining ist im Wesentlichen durch Kraftübungen mit einem hohen Annäherungsgrad an die Bewegungsstruktur der Wettkampfübung gekennzeichnet, besonders hinsichtlich der Orientierung auf maximale Beschleunigungen unter spezifischen Geschwindigkeitsbedingungen und Anforderungen.“
Carl K. & Quade K. & Stehle P (1995). Krafttraining in der sportwissenschaftlichen Forschung.

Der Speerwurf impliziert, wie alle mir bekannten Wurfsportarten, eine ballistische Kraftentfaltung (hier ist nicht die Flugbahn des Speeres, sondern die Kraftkurve gemeint). Anstatt einer gleichmäßigen Kraftentfaltung haben wir es hier mit Explosivkraft zu tun, mit welcher möglichst viel Energie auf den Gegenstand Speer übertragen werden soll. 

Was das mit Schnellkraft, zum Beispiel fürs Boxen, zu tun hat? Noch nicht alles, aber schon eine Menge. 

Warum Schnellkrafttraining nicht gleichbedeutend mit Maximalkrafttraining ist

Wir haben den Unterschied zwischen Reaktivkraft, die man sich bei verschiedenen Sportarten, zum Beispiel beim Springen, nutzbar macht und Maximalkraft, mit der man einen schweren “toten” Gegenstand bewegt, etabliert. 

Beides ist nicht dasselbe und beides hat gegebenenfalls nicht viel mit Schnellkraft oder Explosivkraft zu tun. Schauen wir uns die Sache nochmal genau an. 

Würde ich versuchen, beim “toten Bankdrücken” (Start mit Gewicht auf der Brust) einen neuen persönlichen Rekord aufzustellen, müsste ich vor allem daran feilen, das Gewicht von meiner Brust wegzubewegen. Auch danach gibt es noch neuralgische Punkte in der Bewegung, die aber in erster Linie mit den Hebeln und Kraftkurven der beteiligten Muskeln zu tun haben. 

Ganz sicher hat das Ganze nichts mit Geschwindigkeit zu tun. 

Wer schon einmal einen Maximalkraftversuch gesehen hat, der weiß, dass der Start der Bewegung nicht unbedingt dynamisch wirkt.


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Hätte Bjornsson bei diesem Maximalkraftversuch auf Schnellkraft gesetzt, hätte er sich ziemlich wahrscheinlich die Wirbelsäule zerstört und ganz sicher das Gewicht nicht bewegt. 

Schnellkraft setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: 

  • Startkraft 
  • Explosivkraft

Die Startkraft bezeichnet einen hohen Kraftanstieg in den ersten 30 Millisekunden nach Kontraktionsbeginn

An dieser Stelle dürfte klar werden, warum die eingangs erwähnte neuronale Vernetzung so wichtig ist. Es gibt kein Nachsteuern, keinen Versuch, jetzt nochmal alles aus dem Körper herauszuholen, wie man es von den oftmals quälend lang wirkenden Maximalkraftversuchen kennt. 

30 Millisekunden ist viel zu kurz, als dass man seine Bewegung auch nur bewusst wahrnehmen könnte, geschweige denn, nachsteuern.

Die Schnellkraft, in Verlängerung der Startkraft, umfasst die maximale Kraftentwicklung pro Zeiteinheit. 

Da Explosivkraft und Schnellkraft nicht trennscharf voneinander zu unterscheiden sind, werden die Begriffe hier synonym verwendet.

Damit dies gelingt, setzt der Körper nicht in erster Linie auf die Rekrutierung möglichst vieler motorischer Einheiten (wie bei der Maximalkraft), sondern er erhöht  die Feuerrate der einzelnen Muskelfaser. Das gesagt, beides kann zu größerer Kraftentfaltung führen, die Erhöhung der Feuerrate ist aber der entscheidendere Faktor. 

Im Grunde ist das auch relativ leicht nachvollziehbar. Denn wir können intuitiv erfassen, dass weder große Muskelmasse noch eine große Maximalkraft notwendigerweise mit Geschwindigkeit korreliert. 


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Und es gibt noch einen anderen Grund, warum der Übertrag aus dem Maximalkrafttraining allein nicht ausreicht, um wirklich schneller zu werden.

Erkenntnis: Explosivkraft ist sehr spezifisch

Noch einmal zurück zum Krafttraining / Maximalkrafttraining:

Jeder Einsteiger im Krafttraining wird festgestellt haben, dass sich schon nach wenigen Wochen deutlich höhere Gewichte bewegen lassen, obwohl ein sichtbarer Zuwachs an Muskelmasse noch auf sich warten lässt. 

Hingegen bemerken auch fortgeschrittene Bodybuilder, dass ihnen neue Übungen vergleichsweise schwer fallen, obwohl die dazugehörigen Muskeln gut ausgebildet sind. 

Diese Phänomene werden im Allgemeinen mit koordinativen Verbesserungen in Verbindung gebracht. Je länger eine Übung ausgeführt wird, desto besser das Zusammenspiel der Muskeln. Die eingangs erwähnten neuronalen Pfade spiegeln sich sozusagen auf muskulärer Ebene. 

Weniger bekannt ist die Tatsache, dass dieser Effekt auch von einer geringeren Co-Aktivierung des jeweiligen Antagonisten begleitet wird. 

Vereinfacht angewendet auf obiges Beispiel: wenn ich beim Bankdrücken das Gewicht von meiner Brust bewegen will, brauche ich den Trizeps (Armstrecker). Gleichzeitig ist aber der Antagonist, Bizeps, angespannt, um die Bewegung stabil zu halten.

Bei manchen Neulingen im Bankdrücken ist quasi der ganze Körper angespannt und die Langhantel schaukelt trotzdem wie auf einem Schiff. Das erklärt teilweise, warum Einsteiger / selten Trainierende nach jeder Trainingseinheit völlig fertig sind.

Leider bremst die Spannung des Antagonisten auch meine Ausführungsgeschwindigkeit, da ich praktisch wie gegen ein Gummiband arbeite. Das ist beim Maximalkrafttraining kein großes Problem, beim Schnellkrafttraining natürlich schon. 

Die gute Nachricht: je besser meine koordinativen Fähigkeiten in Bezug auf eine bestimmte Bewegung werden, desto weniger wird die Co-Aktivierung des Antagonisten benötigt. Damit steigt, durch Ökonomisierung, das zu bewältigende Gewicht, aber eben auch die mögliche Ausführungsgeschwindigkeit.

Die schlechte Nachricht: Es gibt gute Hinweise darauf, dass diese Anpassung spezifisch für einzelne Widerstände geschieht. Eine verbesserte Koordination beim Maximalkraftraining bedeutet nicht notwendigerweise eine Verbesserung bei Übungen, die ohne externe Last ausgeführt werden. 

Zum Beispiel Schlägen oder Sprüngen. 

Inwiefern eine unmittelbare Vorbelastung, zum Beispiel acht Runden Boxkampf, diese Maximalkraft simuliert, also sich die zu erbringende Leistung durch Erschöpfung der Muskelfasern einem Maximalkrafttrainingsprofil annähert, ist unbekannt. 

Sicher scheint mir, dass im Hinblick auf die Schnellkraft / Explosivkraft mit verschiedenen Widerständen und ohne Widerstände trainiert werden sollte. Maximalkrafttraining ist ein legitimer, aber geringer Teil davon, der Großteil des Trainings sollte mit niedrigschwelligen Gewichten stattfinden. 

Bevor wir dazu kommen, wie so ein Training aussehen könnte, noch kurz zu einer Besonderheit des Schlagtrainings. 

Explosivkrafttraining im Boxen: es ist die Endgeschwindigkeit!

Wer schon einmal klassische Kampfsportarten trainiert hat, der wird folgende Anweisung kennen: Bleibe relaxed, spanne die Muskeln erst kurz vor dem Auftreffen des Schlages an. 

Im Sinne einer verminderten Co-Aktivierung (s. oben) und damit höheren Geschwindigkeit und Ökonomisierung der Schläge, macht diese Anweisung durchaus Sinn. Allerdings wird dadurch auch der Trainingsschwerpunkt verlagert, ein wenig weg vom explosiven Start, hin zu progressiver Beschleunigung in der Endphase der Technik. 

So etwas wird vergleichsweise selten trainiert, zumal Hanteln sich hierfür nicht unbedingt anbieten. Externe Gewichte werden ballistisch beschleunigt, benötigen in der Endphase also kaum / keine Energie, wenn ein explosiver Start gegeben ist. 

Das könnte man ändern, indem man gezielt das Gewicht im letzten Teil der Bewegung beschleunigt. Besser wäre es noch, gegen Widerstandsbänder zu arbeiten, die ihrer Natur nach in der letzten Phase der Bewegung den höchsten Widerstand bieten. 

So können Widerstandsbänder das Schnellkrafttraining verbessern

Es gibt inzwischen relativ aufwändige (und überteuerte) Gestelle, mit denen man Widerstandsbänder für das Boxtraining an Körper und Händen befestigt. Das scheint mir wenig sinnvoll. Zum einen, weil der Zug der Bänder in die falsche Richtung (nach unten) wirkt und der Trainingseffekt nicht erfüllt ist, zum anderen, weil die korrekte Schlagtechnik darunter leiden wird. 

Besser, man besorgt sich einen Satz ganz gewöhnlicher Widerstandsbänder, und fixiert diese hinter dem Körper, etwa in Schulterhöhe, an einem festen Gegenstand. 

Das Band sollte zu Beginn des Schlages schon unter Spannung stehen, die korrekte Schlagtechnik zunächst langsam mit dem Band nachvollzogen werden (evtl. den Stand korrigieren) und die Schläge erst dann graduell schneller werden. 

Immer bedenken: die Geschwindigkeit darf nicht zulasten der korrekten Technik gehen.

Ich sehe einen großen Vorteil darin, dass der Schlag bei dieser Technik von einer externen Kraft (erhöhter Widerstand) und nicht von einem neuronalen Signal gebremst wird. Das tun Boxer gemeinhin beim Schattenboxen, um ihre Gelenke zu schützen, weil eben kein externer Widerstand (Trefferfläche) den Schlag bremst. 

Schnellkrafttraining am Beispiel Boxen

Wer boxt, weiß, dass schnelle und effektive Schläge mehr involvieren, als Schlagtechniken. Hier geht es aber nicht in erster Linie ums Boxen, sondern um Schnellkraft, deswegen beschäftigen wir uns mal isoliert mit dem Schlag. 

Folgende Elemente sollte das Training enthalten:

Maximalkrafttraining Bankdrücken KH einarmig / alternierend 5 x 3 Wh. 3 min Pause

Kraft / Schnellkrafttraining  Power Push-ups 5 x 5 2 min Pause

Schnellkrafttraining (Widerstandsbänder) 5 Serien x 10 Wh 2 min Pause

Techniktraining (ohne Widerstand, auf eine Schlagfläche) 5 Serien x 10 Wh 2 min Pause

Die letzten beiden Übungen sind als Serien bezeichnet, um sie begrifflich von den üblichen Sätzen zu trennen. Zwischen den einzelnen Wiederholungen sollten 5 bis 10 Sekunden Pause liegen, um sich auf die korrekte Technik zu fokussieren.

Das Techniktraining ohne Widerstand muss nicht immer statisch sein, sondern kann auch aus der Bewegung heraus stattfinden. Es unterscheidet sich aber von Sparring oder Schattenboxen dadurch, dass eben keine Serien geschlagen werden. 

Nicht vergessen: das Ziel ist “deliberate practice”, das gezielte Einüben einer Bewegung.  

Zusammenfassung: was für Schnellkraft / Explosivkraft geeignet ist und was nicht

Fassen wir die dargestellten Prinzipien kurz zusammen

Übungen mit hohem Widerstand funktioniert etwas

Wie erwähnt, hat Maximalkrafttraining zwar seinen Platz im sportartspezifischen Training und sollte auch angewandt werden, der Übertrag auf die Schnellkraft ist aber geringer als die Meisten annehmen. 

Wie am Beispiel Kreuzheben dargestellt, eignen sich sehr schwere Gewichte zwar zur Aktivierung der maximal verfügbaren Muskelfasern, von Explosivkrafttraining mit hohem Gewicht ist aber dringend abzuraten. 

Externe Gewichte sollten in Abstufungen bis höchstens 60% des Maximalgewichts für explosive Ausführung angewandt werden. 

Übungen mit falschem Widerstand machen, ist kontraproduktiv

Trainiert man mit externen Widerständen ein Belastungsprofil ein, dass nicht dem der sportlichen Tätigkeit entspricht, kann das schlimmstenfalls negative Auswirkungen haben. Für den Sprinter macht der Sprint mit Gewichtsschlitten wesentlich mehr Sinn als isolierte Übungen für den Beinstrecker. 

Der Schlitten verhält sich ähnlich der Körpermasse, benötigt viel Startkraft, danach weniger Zugkraft. Der Beinstrecker hat ein vom Sprint abweichendes Belastungsprofil (kein Gluteus, dafür höher Einsatz des m. rectus femoris) und ist m. E. zu diesem Zweck nicht zu empfehlen. 

Auch Kampfsportlern würde ich fürs Schlagtraining empfehlen, Pectoralis, Trizeps und Deltoideus mehrheitlich als Muskelschlinge und weniger isoliert zu trainieren. 

Übungen mit geringem bis mittlerem Widerstand funktionieren

Vor allem dann, wenn das Belastungsprofil an die sportliche Tätigkeit angepasst ist.

Nicht immer eignen sich Gewichte hierfür, denn es ist die Natur eines Gewichtes, in Lotrichtung zu wirken. Wer also glaubt, Schattenboxen mit Kurzhanteln in den Händen würde ihn schneller machen, wird schnell eines Besseren belehrt. 

Zumal das ballistisch beschleunigte Gewicht am Ende des Schlages wieder aufgefangen werden muss!

Das gesagt: Training mit Gewichten kann dennoch sinnvoll sein. Dann aber, um die Belastung eines längeren Kampfes auf Schulter- und Armmuskulatur zu simulieren und diese darauf vorzubereiten. Die Schläge beim Schattenboxen mit Gewichten sollten keinesfalls durchgezogen werden.

Übungen ganz oft machen, funktioniert nicht

Das Gleiche gilt für diese eigenartigen Trainingseinheiten, in denen man eine Bewegung einfach ganz oft und ganz schnell macht. Wenn ich ohne Techniküberwachung (zumindest eine Kamera) und daraus folgender gezielter Fehlerbehebung 1000x  so schnell es geht schlage, springe oder werfe, wird mich das, wenn überhaupt, nur minimal weiterbringen. 

Hingegen besteht eine mittlere Wahrscheinlichkeit, sich die Gelenke zu ruinieren und eine hohe Wahrscheinlichkeit, eine falsche Technik tief in das Bewegungsmuster einzuschleifen. 

Das gilt übrigens auch fürs Schattenboxen. 

Bevor man mir aufs Dach steigt: Schattenboxen ist, war und wird immer ein essentieller Bestandteil des Kampfsports sein. Das Ziel dieser Übung ist aber, Angriffs- und Abwehrtechniken im Verbund einzuüben. 

Und auch wenn das Ganze im Spiegel schön schnell aussieht: die tatsächlich ausgeübte Schlagenergie dürfte auf der Trefferfläche (Gegner) kaum Eindruck hinterlassen. Man müsste seine Gelenke (oder den Sport) schon sehr hassen, um Schläge und Tritte beim Schattenboxen mit voller Energie auf einer imaginierten Trefferfläche durchzuziehen. 

Um die für schnelle und effektive Schläge notwendige Endgeschwindigkeit zu erreichen, benötigt man einen nachgebenden Widerstand oder eben ein Widerstandsband. 

Gezieltes Üben funktioniert

Als der Begriff “Deliberate Practice” aus dem amerikanischen Raum zu uns herüberschwappte, war man von folgender Erkenntnis fasziniert: selbst absolute Outlier und Koryphäen des jeweiligen Fachs, zum Beispiel Sportler und Musiker, üben ihre Kunst nicht mehr als vier Stunden am Tag. 

Wer selbst schon einmal gezielt etwas geübt hat, weiß: vier Stunden gezieltes Üben sind eine unfassbar lange Zeit, die nur für absolute Profis zu erreichen ist. Dafür sind die körperlichen und vor allem die kognitiven Anforderungen dieser Methode deutlich zu hoch. 

Deswegen sollte die schnelle, aber technisch korrekte Ausführung einer sportlichen Betätigung eher häufig als lange geübt werden. Ermüdung, körperlich und geistig, führt zum Einschleifen falscher Technik! 

Statt einer hohen Frequenz, sollten zwischen den einzelnen Versuchen einige Sekunden liegen und soweit möglich sollte auch schon während des Trainings Fehleranalyse betrieben werden. Komplexe Bewegungen sollten in einzelne Bewegungsanteile aufgesplittet und anschließend zusammengeführt werden. 

Danny T. Schneider