Wie oft Bizeps pro Woche trainieren? Auf keinen Fall jeden Tag!

Es ist in einigen Kreisen fast unanständig geworden, die Arme isoliert zu trainieren. Ich höre Begriffe wie “Curls for Girls” und sehe einen Trend zu schweren mehrgelenkigen Grundübungen. Dabei ist der m. bizeps brachii einer der komplexesten Muskeln, die wir trainieren können, gerne auch isoliert. 

Das sagt aber nichts darüber aus, wie oft du Bizeps trainieren solltest. 

Bizeps jeden Tag trainieren?

Als ich mit dem Training anfing, stellten einschlägige Magazine Trainingspläne von professionellen Bodybuildern aus, in denen gerne mal gerne mal drei oder vier verschiedene Übungen mit sechs Sätzen für den Bizeps absolviert wurden. An einem Tag. Zweimal, dreimal die Woche. 

Im Grunde bin ich froh, dass solche Trainingspläne nicht mehr an der Tagesordnung sind. Rein intuitiv können 40 schwere Sätze für einen Muskel pro Woche nicht erfolgversprechend sein und auch im professionellen Bodybuilding hat ein Umdenken stattgefunden. 

Aufgrund seiner Anatomie sollte der Bizeps isoliert höchstens zweimal die Woche trainiert werden. Werden andere Übungen mit Beteiligung der Armbeuger ausgeführt, kann sogar nur eine isolierte Trainingseinheit pro Woche sinnvoll sein.

Bodybuilding ist nicht Aerobic. Wenn du vorhast, Muskulatur aufzubauen, geht es nicht darum, wie lange du dich quälen kannst, sondern wie viel Energie du in die einzelne Übung steckst. 

Behalten wir vor Augen, dass jeder harte Trainingssatz der Muskulatur Schaden zufügt (von welchem wir uns in der Folge ein Muskelwachstum versprechen), dann ist die eigentliche Frage nicht, wie oft wir Bizeps trainieren können, sondern wie wenig Training genug ist, um den optimalen Trainingsreiz zu setzen. 

Sollte man den Bizeps isoliert trainieren?

Teilweise als Gegenbewegung zu dem High Volume Training vergangener Tage ist das moderne Krafttraining zu verstehen, welches unter anderem von Mark Rippetoe populär gemacht wurde. Zwar wird auch hier beizeiten oft und lange trainiert, allerdings mehrheitlich, wenn nicht ausschließlich, in schweren mehrgelenkigen Übungen, wie Kniebeuge, Kreuzheben, Bankdrücken, etc. 

Aus dieser Philosophie erwächst der Gedanke, dass man kleine Muskeln wie Bizeps / Trizpes gar nicht isoliert trainieren müsse, sondern schlicht mit den großen Rumpfmuskeln mittrainieren könne. Die Antwort auf die Frage „wie oft Bizeps trainieren“ lautet hier also: gar nicht. 

Grundsätzlich ein sympathischer Gedanke. Auch ich würde Menschen mit wenig Zeit empfehlen, zuerst die isolierten Übungen aus dem Plan zu schmeissen und sich falls nötig ausschießlich auf eben jene schweren, mehrgelenkigen Muskeln zu konzentrieren. 

Das heißt aber nicht, dass dieses Training ideal für verhältnismäßig kleine Muskeln wie den Bizeps ist. 

Besonderheiten des m. biceps brachii

Eingangs hatte ich erwähnt, dass der Bizeps ein eher komplexer Muskel ist. Mit dieser Komplexität müssen wir uns einen Augenblick beschäftigen, um zu verstehen, wie oft man Bizeps trainieren kann und sollte.

Gerade bei Einsteigern ist Bizepstraining oftmals ein Sammelbegriff für das Training der Armbeuger, einer Gruppe von Muskeln, die alle mehr oder minder mit der Flexion im Ellenbogengelenk beschäftigt sind: 

  • m. biceps brachi
  • m. brachialis
  • m. brachioradialis
Biceps Muscle CNX OpenStax College / CC BY-SA

Der Bizeps allein macht ungefähr 50% des Volumens dieser Flexoren aus. Wer mächtige Arme haben möchte, sollte also nicht die Hälfte verschenken und das Gesamtpaket der Flexoren im Auge behalten. 

Funktionen des Bizeps

Zudem ist der Bizeps ein zweiköpfiger und zweigelenkiger Muskel, was die Sache nicht unbedingt einfacher macht. Die Frage, wie oft wir den Bizeps trainieren sollten hat auch immer mit der Funktion und Zusammensetzung des Muskels zu tun. 

Der Bizeps sorgt für die Flexion im Ellenbogengelenk (beide Muskelköpfe) und die Flexion im Schultergelenk (langer Muskelkopf). Darüber hinaus ist eine primäre Aufgabe die Supination im Unterarm, also das nach außen drehen der Hand. Die Funktion wird übrigens oftmals beim Bizepstraining vernachlässigt. 

Im Hinblick auf die passende Trainingsfrequenz für den Bizeps gibt es noch mehr Wissenswertes über den Muskel zu berichten.

Ursprung und Ansatz der verschiedenen Flexoren geben Auskunft darüber, dass die Lastverteilung auf die verschiedenen Muskeln nicht über die komplette Bewegungslänge gleich bleibt. Mit zunehmender Beugung im Ellenbogengelenk wird der Brachialis zusätzlich aktiviert, während der zweiköpfige Bizepsmuskel eher aus der Streckung heraus agiert. Bei Bizeps Curls also zum Beispiel vom Start der Bewegung bis in den rechten Winkel. 

Dies ist ein Hinweis dafür, dass das Bizepstraining, eigentlich Flexorentraining, noch weiter aufgesplittet werden kann.

Die Supination im Unterarm wird hauptsächlich vom Bizeps übernommen. Daher sind bei Übungen, die das Auswärtsdrehen im Handgelenk involvieren, eher die beiden Bizepsköpfe (anstatt des Brachialis) in der Pflicht. Wird die Drehbewegung aktiv in die Übung eingebaut (anstatt das Handgelenk einfach supiniert zu halten), weist auch der Brachioradialis eine hohe Aktivität auf. 

Der Anteil des langen Bizepskopfes (caput longum) an der Flexion im Schultergelenk nimmt mit zunehmender Anteversion deutlich ab. Zu deutsch: der Bizeps ist zwar auch am Heben des Arms beteiligt, allerdings nur auf den ersten paar Zentimetern wirklich deutlich.

Aus diesem Grund halte ich es übrigens für nicht besonders durchdacht, wenn Neueinsteigern im Fitnessstudio gesagt wird, sie müssten ihre Arme seitlich am Körper halten. Warum, wenn doch das Heben des Arms, gerade auf diesen ersten Zentimetern, eine Funktion des Zielmuskels ist?

Neigt der Bizeps zum Übertraining?

Ungeachtet der unterschiedlichen Kräfteverteilung der Flexoren in unterschiedlichen Ellenbogenwinkeln lässt sich der Bizeps über die volle Bewegungslänge adäquat trainieren. Dies würde tendenziell eine Aufsplittung des Training in verschiedene Bewegungsbereiche zulassen, auch Teilkontraktionen genannt. 

Das könnte für dein Bizepstraining durchaus interessant werden, die Muskelzusammensetzung legt nämlich nahe, dass zu häufiges Training im selben Bewegungsbereich eher kontraproduktiv sein könnte. 

Der Bizeps lässt sich in hohem Maße neuronal aktivieren und besteht mehrheitlich aus schnellzuckenden Typ 2 X Muskelfasern (wie auch die anderen Flexoren). Diese können kurzfristig hohe Kraftleistung erbringen, sind aber auch schneller und langfristiger erschöpft als andere. 

Die Antwort ist also: ja, der Bizeps neigt zum Übertraining.

Fazit: wie und wie oft Bizeps trainieren?

Was haben wir über die Trainingshäufigkeit des Bizeps gelernt? 

1. Wer Bizeps sagt, meint eigentlich verschiedene Muskeln

Nicht nur hat der Bizeps zwei Muskelköpfe mit teils unterschiedlichen Funktionen, er arbeitet zumeist auch, in unterschiedlicher Aufgabenverteilung, mit dem m. brachialis und dem m. brachioradialis zusammen. 

Bedenkt man, dass der eigentliche m. bizeps brachii nur circa 50% der Muskelmasse dessen ausmacht, was gewöhnlich unter Bizeps zusammengefasst wird, so könnte der Fokus auf alle Flexoren im Ellenbogengelenk durchaus zu mehr Erfolg führen. 

2. Variantenreiches (isoliertes) Training kann Vorteile bringen

Es ist richtig, dass der Bizeps bei Übungen wie Klimmzügen oder Latzug mittrainiert wird und für Einsteiger bis Fortgeschrittene reicht der Trainingseffekt völlig aus, um gute Ergebnisse im Sinne der Hypertrophie zu erzielen. 

Das bedeutet nicht, dass die Flexoren mit diesen Übungen erschöpfend trainiert sind. Die umfangreichen Funktionen dieser Muskeln geben genug Gründe für ein variantenreiches und auch isoliertes Training, wenn Zeit und Motivation dafür vorhanden sind. 

3. Schnell wird der Bizeps zu oft trainiert

Die Zusammensetzung des m. biceps brachii legt den Schluss nahe, dass manche Leute zu oft Bizeps trainieren und auch zu lange. Für derartige Belastungen ist der Muskel nicht ausgelegt. 

Stattdessen sollten wenige harte, kurze Sätze ausgeführt werden. Dies idealerweise nicht zu häufig und wenn doch, dann in unterschiedlichen Bewegungsbereichen. 

Trainingstipps

Wer bereits Klimmzüge oder Latzug in sein Training integriert hat (das sollte bei jedem der Fall sein), dem würde ich eine, allerhöchstens zwei Trainingseinheiten für den Bizeps pro Woche empfehlen. Und dies auch nur dann, wenn die Ausbildung der Oberarme wirklich ein Schwerpunkt des Trainings ist. 

Das Training sollte im Wiederholungsbereich 5 – 10 Wdh. stattfinden und nicht mehr als 6 Sätze umfassen. Weniger könnte hier mehr sein! Anstatt eines ausdauernden Trainings sollten die wenigen Sätze jeweils bis nahe an die Ausbelastung ausgeführt werden. 

Wer vergleichsweise häufig trainiert, für den könnte sich ein weiteres Splitting des Trainings bezahlt machen. 

Denkbar wäre zum Beispiel ein Trainingstag, an dem mehrheitlich mit Hand in Neutralstellung (Hammergriff) und in einem Ellebogenwinkel von <90 Grad trainiert wird. Man würde also Hammercurls, idealerweise (aber nicht zwingend) mit Auflage, aus einem rechten Winkel bis in die vollständige Kontraktion (Hantel berührt Körper) durchführen. 

An einem anderen Trainingstag könnte man sich dem Bereich jenseits des 90 Grad Winkels bis in die vollständige Streckung widmen, zum Beispiel mit Incline Bench Curls


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Auf diese Weise könnte man, sofern eine stabile Hantelbank vorhanden ist, auch bei hoher Trainingsfrequenz dem Übertraining ein Schnippchen schlagen und bräuchte sich nie wieder vorwerfen lassen, nicht alles Erdenkliche für einen mächtigen Bizeps getan zu haben. 

Natürlich sind die vorgeschlagenen Übungen, Wiederholungen und Trainingsfrequenzen nur Anhaltspunkte für deinen persönlichen Trainingsplan. Zwar kann ich keine Trainingshinweise für deine spezifische, mir unbekannte, sportliche Situation geben, die genannten Anhaltspunkte sollten dir aber helfen, dein eigenes Trainings zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen. 

In letzter Konsequenz zählt der Trainingserfolg und der beginnt nicht erst bei sichtbarem Muskelwachstum. Notiere deine Wiederholungszahlen und Gewichte sorgfältig und reagiere rechtzeitig, wenn die Zahlen stagnieren. 

Danny T. Schneider