Konzentrisch Exzentrisch oder Isometrisch für Muskelaufbau?

Wiederholungen für Muskelaufbau unterteilen sich in zwei Phasen. Die konzentrische und die exzentrische. Fast immer. Wenn es nach mir ginge, käme die dritte Phase hinzu. Lasst mich kurz erklären, warum.

Konzentrisches Muskeltraining

In der konzentrischen Phase verkürzt sich der Muskel. Er zieht sich zusammen und erreicht so lokal konzentriert seine höchste Masse. Am Endpunkt der konzentrischen Phase folgt entweder isometrisches Halten oder die exzentrische Streckung.

Fast alle Übungen für den Muskelaufbau beinhalten eine konzentrische und eine exzentrische Phase. Sie beginnen aber zumeist mit der konzentrischen.

Beispiele Konzentrisches Muskeltraining

  • Bizepscurl (Beugung der Arme)
  • Dips (Streckung der Arme)
  • Crunches (Einrollen der Wirbelsäule)
  • Klimmzüge (Großer Rückenmuskel zieht die Arme zum Körper)
  • Butterfly (Brustmuskel führt die Arme vor dem Körper zusammen)

Anfänger schenken der konzentrischen Phase im Muskeltraining die größte Aufmerksamkeit. Es wird große Mühe darauf verwendet, beim Bizepscurl die Arme zu beugen. Nicht selten wird das Gewicht anschließend mehr oder weniger fallengelassen. Gleiches gilt für Übungen wie Crunches oder Klimmzüge.

So existiert die exzentrische Phase zwar technisch gesehen. Schließlich dehnt sich der Muskel immer wieder aus und trägt dabei auch minimal Last. Von einer Trainingswirksamkeit kann hier aber keine Rede sein.

Exzentrisches Muskeltraining

Exzentrisches Muskeltraining fokussiert sich auf eben diese Ausdehnung des Muskels. Das Gewicht wird in die Ausgangsposition zurückgeführt und nicht fallengelassen.

Natürlich sind die Grenzen fließend.

Legen wir fest: Exzentrisches Muskeltraining ist dann Teil der Übung, wenn die exzentrische Phase mindestens genauso lang ist, wie die konzentrische.

Beispiel: Das Zusammenführen der Arme beim Butterfly dauert zwei Sekunden. Der Weg zurück in die Ausgangsposition sollte dann ebenfalls zwei Sekunden dauern.

Wie können Muskeln die meiste Last bewegen: konzentrisch, exzentrisch oder isometrisch?

Das exzentrische Muskeltraining zu vernachlässigen ist keine intelligente Entscheidung. Weder für Muskelaufbau noch für Krafttraining. Wer mir nicht glaubt, kann es hier nochmal nachlesen: 

“Es zeigte sich, dass exzentrisches Training, das mit hoher Intensität durchgeführt wird, die Zunahme der Muskelmasse, gemessen als Muskelumfang, effektiver fördert. Außerdem zeigte sich beim exzentrischen Training eine Tendenz zur Vergrößerung der mit Magnetresonanztomographie oder Computertomographie gemessenen Muskelquerschnittsfläche.” (Aus dem Englischen mit DeepL)
Roig M, O’Brien K, Kirk G, Murray R, McKinnon P, Shadgan B, Reid WD. The effects of eccentric versus concentric resistance training on muscle strength and mass in healthy adults: a systematic review with meta-analysis. Br J Sports Med. 2009 Aug;43(8):556-68. doi: 10.1136/bjsm.2008.051417. Epub 2008 Nov 3. PMID: 18981046.

Exzentrisches Muskeltraining als erzwungene Wiederholung

Der Fokus auf den exzentrischen Teil des Muskeltrainings lässt sich weiter steigern. Ist aufgrund der Muskelerschöpfung keine konzentrische Bewegung mehr möglich, wird der Satz in der Regel beendet. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Arm beim Bizepscurl nicht mehr gebeugt werden kann.

Erzwungene Wiederholungen
Irgendwann ist die positive Muskelerschöpfung erreicht. Isometrisches und exzentrisches Training wäre aber noch möglich.

Dennoch ist der Muskel nicht erschöpft, denn exzentrisch kann die Last noch bewegt werden. Bodybuilder machen sich dieses Prinzip zunutze. Nach der letzten möglichen Wiederholung zwingen sie den Muskel zu exzentrischen Wiederholungen.

Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Ein Trainingspartner steht bereit, welcher in der konzentrischen Phase mitarbeitet.

So kann zum Beispiel beim Bankdrücken die Langhantel vom Trainingspartner mit angehoben werden. Der Weg nach unten ist dann vom Athleten alleine zu bestreiten.

Aber Vorsicht, bei hohen Gewichten ist ein versierter Trainingspartner notwendig!

2. Bei unilateralem Training kann man sich selbst helfen.

Werden zum Beispiel die Bizepscurls einseitig gemacht, kann die freie Hand mithelfen. Der Vorteil ist, dass man selbst am besten weiß, wie viel Hilfe notwendig ist.

Diese Möglichkeit eröffnet sich bei überraschend vielen Übungen, wenn man kreativ ist.

Exzentrisches Muskeltraining als negative Wiederholung

Das zuvor genannte Prinzip der erzwungenen Wiederholungen lässt sich auf den ganzen Satz anwenden.

Hierfür legt man bewusst ein Gewicht auf, welches der Athlet konzentrisch nicht bewegen kann.

Ein Athlet mit 1RepMax von 100 kg beim Bankdrücken legt 120 kg auf. Natürlich ist er gut aufgewärmt.

Somit ist Hilfe bei jeder Wiederholung notwendig. Jede exzentrische Phase wird aber vom Athleten selbst bewältigt.

Isometrisches Muskeltraining

Steht der Muskel ohne Bewegung unter Last, spricht man von isometrischem Muskeltraining.

Das Prinzip kennen Viele, ich auf jeden Fall, aus dem Alltag. In einer unangenehmen Situation (Besprechungen!) verkrampft man schnell. Hinterher oder am nächsten Tag wundert man sich oft über den Muskelkater, obwohl man gar nicht beim Sport war.

Dabei sollte man sich eher fragen, warum man den Job überhaupt macht.

Im Kampfsporttraining werden oft isometrische Phasen angewendet, z. B. Plank oder Skihocke. Die Trainer wissen, dass die Muskeln für Sparring und Wettkampf an Dauerbelastungen gewöhnt werden müssen.

Isometrisches Training für Muskelaufbau

Selbstverständlich lässt sich die isometrische Belastung auch für Massetraining einsetzen. Voraussetzung ist, dass die Belastung innerhalb von 120 Sekunden zum Muskelversagen führt.

Hierfür kann es ausreichen, an einer Parkbank zu ziehen, als wollte man sie anheben. Auch, wenn die Parkbank sich (wahrscheinlich) nicht bewegt, steht der Muskel unter Spannung. Bei gutem Fokus auch bis zum Muskelversagen.

In der Regel werden isometrische Phasen aber in die Wiederholung beim Fitnesstraining eingebaut. So wird das Gewicht nach der konzentrischen Phase zum Beispiel eine Sekunde gehalten und erst dann wieder abgesenkt.

Natürlich darf sich das Gewicht dabei nicht im Lot befinden oder auf durchgestreckten Gelenken ruhen.

Lotrichtung nicht isometrisch
Auf dem linken Bild sind die Gelenke durchgestreckt und das Gewicht ruht senkrecht über dem Gelenk. Das kann man nun wirklich nicht als Haltephase verkaufen. Rechts besteht zumindest für den Schultermuskel ein kurzer Lastarm. Dennoch sollte isometrisches Halten für den Schultermuskel eher im Anschluss an die exzentrische Phase stattfinden.

Omni Contraction Training von Mike Mentzer

Beim Thema exzentrisches und isometrisches Training darf Mike Mentzer nicht unerwähnt bleiben. Der Bodybuilder aus den 1970ern hatte einige innovative Trainingskonzepte am Start.

Eines davon war das Omni Contraction Training.

Was sich kompliziert anhört, ist eigentlich ganz einfach. Die exzentrische Phase der Bewegung wird an drei Stellen durch isometrisches Halten gestoppt. An der maximalen Kontraktion, in der Mitte der Bewegung und kurz vor der Streckung des Gelenks.


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Durch diese Zwischenstopps wird natürlich auch die exzentrische Phase der Wiederholung betont. Das Gewicht einfach fallenlassen ist spätestens jetzt nicht mehr drin.

Mein Trainingsplan mit exzentrischer, isometrischer und konzentrischer Phase

Hieraus leitet sich auch mein persönliches Training ab. Es dauert, samt Cardioeinheit, nie länger als eine Stunde. Was in den Augen von Herrn Mentzer schon viel zu lang wäre.

Ich kombiniere maximal zwei Übungen für eine Muskelgruppe. Idealiter dient die erste zur Vorerschöpfung des Zielmuskels.

An den Geräten werden jeweils 2 Sätze mit einer Pause von 10 Sekunden bis zur Erschöpfung ausgeführt (Rest Pause Training). Das zweite Gerät wird möglichst zügig nach dem ersten aufgesucht, um den gewünschten Effekt zu erreichen.

Tag ITag IITag III
Bizeps Konzentrationscurls im Supersatz mitTrizepsstrecker im Supersatz mitBeinstrecker im Supersatz mit
Bizeps Incline CurlsDipsBeinpresse
Butterfly im Supersatz mitÜberzüge im Supersatz mit
Incline PressLatzug
Ein Auszug aus meinem Trainingsplan um das Prinzip zu verdeutlichen. Für jedes Gerät werden zwei Sätze in kurzer Folge (10 Sek.) ausgeführt. Dann möglichst rasch zum nächsten Gerät im Supersatz gewechselt.

Das jeweils erste Gerät wird nach der Omni-Contraction-Methode ausgeführt. Das zweite lediglich mit einer betont langsamen exzentrischen Phase.

Warum nicht beide Übungen mit Omni Contraction? Probier‘ es selbst mal aus, dann weißt du, warum.

Danny T. Schneider

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