Manche sagen, Good Mornings sind eine gefährliche Übung für den unteren Rücken. Ich sage: sie ist nicht nur relativ sicher, sondern auch eine ideale Ergänzung für das Krafttraining.
Was Good Mornings wirklich taugen, für wen die Übung interessant sein könnte und natürlich wie man sie korrekt ausführt, schauen wir uns im Folgenden mal an.
Welche Muskeln werden trainiert?
Good Mornings sind streng genommen eine eingelenkige Übung, dennoch sind aufgrund der Position der Last viele Muskeln isometrisch beteiligt.
Wenn wir die Liste aber auf die Muskeln beschränken, für die wir uns einen echten Trainingseffekt erwarten dürfen, dann sieht das so aus:
Beteiligte Muskeln Good Mornings:
- Rückenstrecker (LWS)
- Gluteus
- Beinbeuger
Eine nennenswerte isometrische Last ist auch für den oberen Rücken zu erwarten. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass dieser Bereich erschöpfend trainiert werden kann, da die Last im Bereich der Lendenwirbelsäule wesentlich höher ist.
Denkbar wäre aber eine Vorerschöpfung, zum Beispiel für den Trapezmuskel, zu erreichen und anschließend eine eigene Übung für diesen Bereich auszuführen.
Wie sich die muskuläre Belastung verteilt, hängt auch von der Ausführung ab. Definitiv lassen sich aber für alle drei genannten Muskelgruppen Kraftzuwächse erreichen.
Wie werden Good Mornings korrekt ausgeführt?
Die Standardvariante der Good Mornings wird mit der Langhantel stehend ausgeführt.
Dabei ruht die Langhantel kurz oberhalb des hinteren Schultermuskels (M. deltoideus pars spinalis). Dieser hindert die Langhantel auch daran in der aufrechten Position vom Rücken zu rutschen – zusammen mit einem festen Griff, natürlich.
Good Mornings Ausführung:
- Langhantel liegt oberhalb der hinteren Schultermuskeln
- Schulterblätter zusammenziehen, Brust raus
- Der Griff ist geringfügig breiter als schulterbreit
- Die Hände umfassen die Stange von oben, so dass die Handgelenke gerade bleiben
- Ellenbogen werden zum Körper gezogen
- Bauchmuskeln anspannen
Der gesamte Oberkörper sollten jetzt ein kompaktes, angespanntes Paket darstellen. Je enger der Griff und je näher die Ellenbogen am Körper, desto fester. Hier sind in der individuellen Beweglichkeit natürlich Grenzen gesetzt.
Eng bedeutet: so eng wie möglich, ohne Schulterschmerzen zu bekommen.
Der Stand ist etwa schulterbreit die Knie zugunsten höherer Stabilität leicht gebeugt. Vor allem ist der untere Rücken stabil und leicht lordosiert (Becken gekippt).
Wird der Rücken rund, weil die Muskelspannung nicht mehr gehalten werden kann, ist das Gewicht zu hoch!
Die Bewegung findet im Hüftgelenk statt. Ähnlich dem Rumänischen Kreuzheben wandert das Becken dabei leicht nach hinten, umso mehr, je tiefer die Bewegung ausgeführt wird (bis maximal parallel zum Boden). Dabei ist eine leichte Beugung in den Knien kaum zu vermeiden, diese sollte aber so gering wie möglich gehalten werden.
Auch hier ist Rumänisches Kreuzheben das Vorbild. Auf keinen Fall wollen wir die Good Mornings als halbe Squats ausführen, nur um höheres Gewicht zu bewältigen.
Good Mornings mit Kurzhantel
Es ist möglich, die Good Mornings mit Kurzhanteln auszuführen, auch wenn dabei wahrscheinlich Abstriche im verwendeten Gewicht gemacht werden müssen. Dafür kann man die Übung im Zweifelsfall aber tiefer ausführen und zwar ohne drohende Last auf den Rücken.
Je weiter außen (zum Kopf) die Hantel ist, desto höher der Impact. Es wäre ideal, die Kurzhantel bei Good Mornings an über den Kopf gestreckten Armen zu halten, allerdings werden die Schultermuskeln hierbei kaum mitspielen (außer, man hat sehr, sehr mächtige Schultern).
Somit scheint mir die beste und sicherste Lösung, das Gewicht mit den Armen vor der Brust, beziehungsweise vor den Schultern zu fixieren.
Absolut abraten würde ich von der Idee, sich die Kurzhantel bei Good Mornings in den Nacken zu legen. So sammelt man alle Nachteile der Version mit Langhantel und hat kaum Vorteile.
Zudem sieht das Ablegen der Hantel anschließend meist sehr abenteuerlich aus, weswegen es in einigen Trainingsvideos kurzerhand ausgeblendet wird.
Good Mornings ohne Hantel
Einsteiger können die Good Mornings auch ohne Hantel probieren. Eine korrekte, langsame Bewegung vorausgesetzt, reichen oft schon über Kopf ausgestreckte Arme, um Wirkung zu erzielen.
Normalerweise bin ich kein Fan von gefüllten Wasserflaschen als Trainingsgerät, aber bei Good Mornings können Haushaltsgegenstände dieser Art durchaus einen spürbaren Unterschied machen. Immer vorausgesetzt, man hält den Gegenstand so weit außen wie möglich und ist für eine angemessene Wiederholungszahl bereit.
Wer deutlich mehr als 20 kontrollierte Wiederholungen schafft, sollte sich aber mittelfristig doch lieber eine Hantel zulegen.
Eine auch für fortgeschrittene Sportler absolut sinnvolle Alternative für Good Mornings sind Widerstandsbänder. Vor allem deswegen, weil hier die Last umso höher wird, je aufrechter der Rücken ist.
Bei maximaler Beugung (parallel zum Boden), liegt also eine geringe Spannung an. Wahrscheinlich die rückenschonendste Variante der Good Mornings und nicht unbedingt weniger effektiv als mit der Langhantel.
Sind Good Mornings gefährlich?
Die eingangs kurz erwähnte Kontroverse bezüglich Gefahren der Good Mornings besteht tatsächlich. Genau betrachtet bringt man sich, zumindest mit der Langhantel auf dem Rücken, nämlich in eine Zwangslage.
Eine Zwangslage liegt vor, wenn der Körper sich bei Muskelversagen nicht mehr aus der Position befreien kann.
Das kann tatsächlich unangenehm werden, wie einige Sportler schon beim Bankdrücken zu Hause festgestellt haben. Wer lag nicht schon für einige Sekunden, wenn nicht Minuten, mit der zu schweren Hantelstange auf der Brust und überlegte sich, wie das Leben wohl weitergeht.
Bei den Good Mornings kommt aber erschwerend hinzu, dass die Hantelstange den Rücken weiter nach unten drückt, dabei die Last sogar noch zunimmt und die Muskulatur irgendwann nicht mehr in der Lage ist, den Rücken zu schützen.
Allerdings hatten Generationen von Kraftsportlern genug Verstand, um es nicht dazu kommen zu lassen. Und mit der Argumentation der Zwangslage dürfte man Dips auch nicht mehr reinen Gewissens durchführen.
Man sollte sich der Gefahr bewusst sein und sich langsam an eine immer größere Bewegungsamplitude herantasten. Neue, höhere Gewichte sollten grundsätzlich zunächst mit einer geringeren Range of Motion bewegt werden.
Gesegnet ist, wer über ein Power Rack verfügt und sich die Safety Bars in entsprechender Höhe einstellen kann. Für alle Anderen gilt: vorsichtig, aber nicht ängstlich an die Übung heranwagen.
Good Mornings v. Kreuzheben
Die hohe Last auf den unteren Rücken ist der eigentliche Grund, warum ich Good Mornings für nicht gefährlicher halte als zum Beispiel Kreuzheben.
Sicher, beim Kreuzheben bringt man sich nicht in eine Zwangslage – obwohl auch dieser Punkt zu diskutieren wäre, so wie einige Leute ihre Griffhilfen verwenden.
Der entscheidende Punkt ist aber, dass bei korrekt ausgeführten Good Mornings der Rückenstrecker signalisieren wird, wenn die Übung zu Ende ist. Dass man aus der Kraft der anderen beteiligten Muskeln heraus noch versucht, eine schmutzige Wiederholung rauszudrücken, ist relativ unwahrscheinlich.
Ganz anders beim Kreuzheben: der berüchtigte Katzenbuckel signalisiert, dass große Muskeln, Beinstrecker, Gluteus, weiterarbeiten, während der Rückenstrecker längst aufgegeben hat.
Das bedeutet natürlich nicht, dass Kreuzheben gefährlich ist. Es bedeutet, dass jede schwere Übung, Good Mornings, Kreuzheben, Bankdrücken, Dips, etc. potentiell gefährlich sein kann, wenn man schlecht vorbereitet ist und den Respekt vor dem Gewicht verliert.
Wie sollten Good Mornings im Trainingsplan aussehen?
Damit genau das nicht passiert, sollte das Aufwärmen zunächst mit der leeren Langhantelstange beginnen und über die volle Bewegungslänge, bis der Körper parallel zum Boden ist, ausgeführt werden.
Für manche Sportler ist auch das schon schwer und es bietet sich an, einen Gymnastikstab oder zu Hause einen Besenstiel zur Hilfe zu nehmen.
Es geht bei dieser Aufwärmübung primär um zwei Dinge: erstens wollen wir die notwendige Flexibilität trainieren, zweitens die korrekte Position und Bewegung einüben.
Der letzte Aufwärmsatz sollte mit mindestens 70% des später verwendeten Gewichts stattfinden.
Sätze und Wiederholungen
Wer Kraft aufbauen will, ist natürlich über kurz oder lang gezwungen, auch mit hohen Gewichten und niedrigen Wiederholungszahlen zu arbeiten. Diese Notwendigkeit besteht aber nur, wenn die Kraft anschließend auch sportspezifisch eingesetzt werden soll.
Zum Beispiel als Unterstützungsübung für Squats oder Deadlifts mit niedriger Wiederholungszahl. Hier kann man sich langsam an hohe Gewichte heranarbeiten und dann die 5×5 Methode anwenden.
Wem es um allgemeine Stabilisierung, Prävention oder Muskelaufbau geht, der kann die Good Mornings guten Gewissens mit niedrigerem Gewicht und höherer Wiederholungszahl ausführen.
Empfehlen würde ich, im üblichen Hypertrophiebereich mit drei Sätzen und 8 – 12 Wiederholungen anzufangen, für rein gesundheitsorientierte Zwecke mit bis zu 20 Wiederholungen und noch leichterem Gewicht.
Ein vergleichbarer Trainingseffekt im Kraftzuwachs ließe sich auch erreichen, wenn man die 5 x 5 Wiederholungen mit leichterem Gewicht, aber im Anschluss an Squats oder Kreuzheben durchführt. Man kann also mit Vorermüdung arbeiten, soweit es die Konzentration noch zulässt!
Keinesfalls sollte man schwere Good Mornings vor Squats oder Kreuzheben setzen. Eine Vorermüdung des Rückenstreckers ist hier absolut nicht hilfreich.
Idealerweise sollte man die Good Mornings an einen Trainingstag legen, an dem weder Oberschenkel noch die beteiligte Rückenmuskulatur nennenswert ermüdet ist.
Fazit: Übungsklassiker mit viel Potential
Die Good Mornings gehören zu den zu Unrecht vergessenen Übungen der Kraftsport- und Bodybuildinggeschichte. Zumindest sieht man sie heute kaum noch in den Fitnessstudios.
Der Grund dafür ist vielleicht, und das ist reine Spekulation von mir, dass Fitnesstrainer die Übung selbst kaum noch beherrschen, Kunden, die Good Mornings ausführen, gut betreut werden müssen und Studios sich einfach keine potentiellen Gefahrenquellen ins Haus holen wollen.
Da führt man die Kunden doch lieber an die Hyperextensions heran (die übrigens auch nicht schlecht sind).
Beim Training zu Hause, gerade, wenn man keinen erfahrenen Trainingspartner hat, ist natürlich noch mal besondere Aufmerksamkeit geboten. Das heißt aber nicht, dass man irrationale Ängste vor einer Übung aufbauen sollte, die seit vielen Dekaden von erfolgreichen Athleten genutzt wird.
Wer einen besonderen Fokus auf den unteren Rücken, Oberschenkelrückseite und Po legen möchte und dafür eine Langhantel, Kurzhantel oder ein Widerstandsband zur Verfügung hat, der sollte die Good Mornings zumindest für ein paar Wochen ausprobieren.